Die gängige Überzeugung, dass die Gründung des Deutschen Reichs das alleinige Verdienst Bismarcks war, entlarvt Prof. Dr. Christian Jansen als Mythos: Er sammelte über 400 teils bisher übersehene oder nicht systematisch ausgewertete Briefe von Liberalen und Demokraten aus den zwölf Jahren nach der gescheiterten Revolution von 1848/49, die den Nationalstaat zum Ziel gehabt hatte. An der Korrespondenz wird deutlich, wie stark die bürgerliche Linke an der Modernisierung Deutschlands beteiligt war. Ohne die Revolution hätte es keine Reichsgründung gegeben, so das Fazit seines Buches „Nach der Revolution 1848/49: Verfolgung, Realpolitik, Nationsbildung“, das jetzt im Droste-Verlag erschienen ist.

Heimlich unterwegs zum Nationalstaat nach 1848: RUB-Historiker veröffentlicht über 400 Briefe

Die gängige Überzeugung, dass die Gründung des Deutschen Reichs das alleinige Verdienst Bismarcks war, entlarvt Prof. Dr. Christian Jansen als Mythos: Er sammelte über 400 teils bisher übersehene oder nicht systematisch ausgewertete Briefe von Liberalen und Demokraten aus den zwölf Jahren nach der gescheiterten Revolution von 1848/49, die den Nationalstaat zum Ziel gehabt hatte. An der Korrespondenz wird deutlich, wie stark die bürgerliche Linke an der Modernisierung Deutschlands beteiligt war. Ohne die Revolution hätte es keine Reichsgründung gegeben, so das Fazit seines Buches „Nach der Revolution 1848/49: Verfolgung, Realpolitik, Nationsbildung“, das jetzt im Droste-Verlag erschienen ist.

Mythos vom Reichsgründer dekonstruiert

Nachdem die Revolution von 1848/49 niedergeschlagen worden war und sich die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche, die aus dem in viele Staaten zersplitterten Deutschland eine Nation machen wollte, nach kurzer Zeit wieder aufgelöst hatte, scheint die Idee des Nationalstaats und der politischen Partizipation der Bürger weitgehend auf Eis gelegen zu haben. Erst dem Preußen Otto von Bismarck gelang die Vereinigung der deutschen Staaten nach seinen Kriegen gegen Dänemark, Österreich und Frankreich. Doch die Reichsgründung kam nicht von ungefähr: Die Akteure der Revolution waren auch nach ihrem Scheitern weiter aktiv. Ob im Deutschen Bund geblieben oder ins Exil getrieben, beteiligten sie sich weiterhin am politischen Geschehen, entwickelten Szenarien und Strategien, die Ziele der Revolution doch noch zu verwirklichen.

Schriftliche Debatte umging die Zensur

Da sie ihre Debatten nicht öffentlich austragen konnten, tauschte man sich vornehmlich in Briefen aus, häufig auch in Andeutungen, um der Zensur zu entgehen. Nachzulesen ist das in den über 400 Briefen, die Prof. Jansen aus den Nachlässen der „48er“ zusammengestellt hat. Nicht nur politische Inhalte hat er berücksichtigt, sondern auch private Äußerungen, die oft ein Licht auf die Weltsicht und das Selbstverständnis der Autoren werfen. Die Dokumente werden durch die Edition größtenteils erstmals zugänglich und wurden vom heutigen Forschungsstand aus kommentiert.

Prominente Briefschreiber

Vertreten sind in diesem Band mit teilweise zahlreichen Briefen die Historiker und Politiker Gervinus, Baumgarten, Duncker oder Biedermann, die emigrierten Demokraten Moritz Hartmann, Carl Mayer, Carl Vogt, Gottfried Kinkel oder Julius Fröbel, wichtige liberale Politiker des Kaiserreichs wie der „rote Becker“, Schulze-Delitzsch, Löwe-Calbe, Bamberger, v. Miquel, Schriftsteller und Gelehrte wie Gustav Freytag, Theodor Mommsen, Arnold Ruge, die wichtigsten Männer des Deutschen Nationalvereins, Sozialisten wie Lassalle und – last, but not least – bedeutende Frauen wie Fanny Lewald oder Philippine Levysohn.

Titelaufnahme

Jansen, Christian: Nach der Revolution 1848/49: Verfolgung, Realpolitik, Nationsbildung. Politische Briefe deutscher Liberaler und Demokraten 1849-1861. Droste Verlag Düsseldorf, 2004.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Christian Jansen, Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, GA 4/149, Tel. 0234/32-25026, Fax: 0234/32-14414, E-Mail: christian.jansen-2@rub.de

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