Psychopathologie | Diplom | Psychologie | Universität Mainz

Psychopathologie | Psychologie
09.04.2003
Art der Hochschule:
Universität
Prüfungsort:
Mainz
Studienfach:
Psychologie
Art der Prüfung:
Diplom
Prüfungsfach:
Psychopathologie
Dauer:
20-30 Minuten
Note:
1
Konntest du mit einem selbst gewählten Thema beginnen?
Nein.
Versucht der Prüfer bei Schwierigkeiten zu helfen?
Ja.
Prüfungsablauf / Tipps
Obwohl ich meinen Fall nicht vorstellen durfte, war dies eine ausgesprochen angenehme und faire Prüfung, die wirklich Spaß gemacht hat! Ping-pong-Bälle und Situationsgestaltungen flogen hin und her. Herr ***** blieb im wesentlichen beim gewählten Thema Alkohol - fragte sogar anfänglich in den Fall hinein - und verzweigte nur für Parallelen oder Vergleiche in angrenzende Gebiete.

Vorab-Bemerkung zu den Rahmenbedingungen:
- zwei der Vierergruppe hatten das Thema Alkohol, aber an sehr unterschiedlichen Fällen (Bücher)
- wir hatten bewusst die Reihenfolge so gelegt, dass der erste Alkoholfall an erster Position und der zweite an vierter Position geprüft wurde
- der erste Alk.-fall wurde sehr ausführlich berichtet und daher verlängerte sich die Prüfung auf ca. 45 Minuten
- die restlichen drei Prüflinge wurden ca. 25-30 Minuten geprüft
- Noten an diesem Abend: drei mal die 1, einmal die 2
Prüfungsfragen
Ich war die vierte in der Reihe und kam mit meinem Fall gerade so weit:
".....Werdegang eines Alkoholkranken....", (ich hatte also noch nicht mal Autor und Titel genannt...) als Herr ***** mir bedeutete, dass er meinen Fall nicht hören möchte.

Wortlaut in etwa: "Wir nehmen jetzt mal an, dass Sie das alles wissen und vortragen können und rollen die Sache von hinten auf:

F:"Welchen Status hat Ihr Alkoholiker denn jetzt gerade?"
A: Er ist seit 15 Monaten trocken mit Hilfe der Anonymen Alkoholiker.
F: "Und das geht so einfach nur mit den AA?"
A: Nein, einfach ist an diesem Fall überhaupt nichts, voran gehen 21 Jahre schwerste Alkoholkrankheitsentwicklung mit etlichen Rückfällen, mit Selbstmordversuchen und Delir. Nur scheint die AA-Info zum richtigen Zeitpunkt auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Als der Alk mal wieder aufhören wollte, hatte seine Partnerin gerade kurz vorher zufällig Kontakt zu einer AA-Frau geschlossen, die seit 2 Jahren trocken war, ihr das Prinzip erläuterte und sagte, auch ihr Mann könne dies möglicherweise so schaffen. Der Alk griff in dieser Situation des akuten Entzugs nach diesem Strohhalm und es funktionierte.

Im folgenden keine Gewähr für richtige Reihenfolge, Vollständigkeit, Richtigkeit der Zitate etc. etc. ...
Es war insgesamt keine streng formale Frage - Antwort - Situation, sondern eher ein Gespräch.

F: Partnerproblematik bei Alkoholkranken?
A: Co-Abhängigkeit erläutert (bemuttern, helfen, abschirmen, kontrollieren, aufhören verlangen -> Suchtpotential des Co-Abhängigen, Bestätigung durch Kümmern um den Alk usw. / die AA's informieren auch über diese Problematik, siehe Homepage)

F: Kennen Sie etwas ähnliches beim Wahn? Folie a Deux?
A: Ja -> kurz erläutert

F: Üblich, dass Alk-Entwicklung so lang - 21 Jahre?
A: Nein, i.d.R. kürzer, möglich schon 2-3 Jahre, Regel eher 6-15 Jahre

F: Warum trinkt man Alkohol? Bei welchen psychischen Störungen?
A: z.B. Angststörungen...
F: Bei Depression auch?
A: Selten
F: Bei welcher Affektpsychose wird getrunken?
A: (Schlauch) Kann momentan nichts mit Affektpsychose verbinden...
F: Wenn jmd. eine Depression hatte, kommt die dann wieder?
A: Meist keine Residuen nach Phase, 30% heilen vollständig aus, Rest hat nach Intervall von durchschnittlich 4-5 Jahren neue Phase...
F: Muss das eine depressive Phase sein?
A: Nein, kann auch manische sein (Blinklicht angeh...) -> Maniker trinken natürlich in ihrer Hochphase!
(mensch sieht, er hilft einem auch auf's Pferd...)

F: Was würden Sie einem Alkoholiker sagen, um ihm die Folgen seines Tuns zu verdeutlichen? (Formulierung war anders...)
A: (u.a.) kognitive Veränderungen, Persönlichkeitsveränderungen...
F: gut, also die kognitiven bekommt er nicht sehr deutlich mit, weil schleichend...
A: könnte mir vorstellen, dass vegetative Symptome dann abschreckend sein könnten...(einige genannt), dazu Halluzinationen sehr unangenehm vorstellbar, Delirium.... -> damit Abhängigkeit vom Körper und von Klinik und Ärzten, keine eigene Kontrolle mehr über die Situation..., Gedächtnisprobleme bzw. Demenz (Korsakow, Wernicke-Enzephalopathie...)
F: Wann fallen Alkoholiker einfach um?
A: Dachte erst an pathologischen Rausch, setzte an: "Ob sie sich daran im Nachhinein als "Umfallen" erinnern..., auf jeden Fall wachen sie aus Schlaf auf und können sich an ihre Tat nicht mehr erinnern...
F: nein,...
A: dann die epileptischen Anfälle...

F: Wie verhindern Personen, die beruflich trinken müssen, dass der Alk zu stark bei Ihnen wirkt? Stellen Sie sich vor Sie seien eine Bardame (würde ich Ihnen gerne ersparen, aber gut, nehmen wir die Bardame) und müssten jeden Abend mit den Gästen trinken.
A: Alk wirkt anfänglich anregend, anschließend müde machend, ich bräuchte also eine anregende Gegenwirkung -> Koks oder Amphetamine
F: Koks ist in dem Metier zu teuer, also Amphetamine. Wer nimmt noch leistungssteigernde Drogen?
A. alle die ständig Hochleistung bringen müssen, z.B. Manager-Typen, Leute, die ständig gegen ihren Schlaf-Wach-Rhythmus arbeiten müssen: Krankenschwester, Schichtarbeiter, Arzte mit ihren 32/48 Std.-Diensten...

R: Was haben Sie gegen den Suff? (mal unterstellt, Sie hätten was dagegen)
A: Wäre die Entscheidung dafür mit klar denkendem Kopf gefallen, würde ich demjenigen nur noch vorhalten können, das er das Gesundheitssystem und seine soziale Umgebung bewusst und unnötig belastet.
Problem ist aber, dass diese Entscheidung eben nicht mit dem Kopf und schon gar nicht mit einem gesunden getroffen wird. Im Verlauf der Krankheit wird die Entscheidungsfähigkeit auch immer geringer: keine Krankheitseinsicht, kognitive und Wesensveränderungen...

R: Welche Sucht würden Sie akzeptieren?
A: Darauf dürft ihr Euch selber was ausdenken, auf meine Antwort hin haben wir uns auf jeden Fall noch eine ganz Weile unterhalten - ich hatte nicht ganz ernsthaft geantwortet und er war sehr interessiert!

Waren bestimmt nicht alle Fragen...

Mein Fall wäre übrigens "Die Kapitulation" von Ernst Herhaus gewesen (355 Seiten) und sprachlich durchaus gewöhnungsbedürftig zu lesen (Peter Bichsel lässt grüßen), mit Anleihen an die zeitlichen Dimensionen in Thomas Mann's Zauberberg und weiterhin inspiriert von Henry Miller, Hemmingway und anderen. Die Beschreibung der "Zeit" und "Angst" hätte ich gerne mit ihm diskutiert, aber naja - das Buch ist auf jeden Fall toll und eine Leseinvestition wert!

Viel Glück!

Gelernt habe ich in erster Linie an meinem Fall entlang, also Alkohol, zusätzlich habe ich mir angeschaut - da in meinem Fall vorhanden bzw. Hinweise darauf -: Suizid, Schizophrenie, Depression, Angststörungen, Drogen & Medikamente; zusätzlich die Prüfungsprotokolle/Fragenkataloge und ein paar Paragraphen (20, 21, 63, 64, 1906, 323a)

Lernbasis (keines ganz gelesen, nur punktuell):
Glossar (*****), Weitbrecht & ***** (z.B. typus melancholicus und Zeiterleben), Brunnhuber & Lieb (daraus relativ viel gelesen), Psychiatrie fast 4,5 h Crashkurs von Steffen Grüner (als Überblickseinstieg in die wichtigsten Punkte sehr empfehlenswert), Machleidt et al. und GK3-Psychiatrie mit 39 Lerntexten von F.Braun (Original-Psychiatrie-Prüfungsfragen mit Kommentar und zusammenfassender Einführung ins Thema), dazu für wenige Punkte weitere Bücher von Herrn *****.
è aber wie gesagt: keines ganz gelesen!!!

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